4.2. Fallmanagement – Vorgehen im Einzelfall in der Arztpraxis

Werden im Rahmen der Untersuchung von Kindern und Jugendlichen familiäre Belastungssituationen und Unterstützungsbedarfe erkannt, geht es in erster Linie darum, beim Kind bzw. Jugendlichen und seinen Eltern über die möglichen Leistungsangebote anderer Institutionen, insbesondere der Kinder- und Jugendhilfe aufzuklären und für eine Inanspruchnahme zu werben. Sind Maßnahmen zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung erforderlich, ist eine Einbindung anderer Institutionen (insbesondere des Jugendamtes) notfalls auch gegen den Willen der Patienten bzw. der Personensorgeberechtigten erforderlich (im Einzelnen siehe hierzu Kapitel 2, insbesondere Ziffer 2.3.).

4.2.1. Möglichkeit anonymisierter Beratung bzw. Klärung von Fragen

Die Anonymisierung eines Falles stellt für Ärztinnen und Ärzte eine Möglichkeit dar, sich ohne Entbindung von der Schweigepflicht sowie ohne Prüfung von Offenbarungsbefugnissen kompetenten Rat einzuholen. Zu beachten ist hierbei, dass eine Anonymisierung nicht immer dadurch erreicht wird, dass der Name der Betroffenen nicht genannt wird, da in manchen Fällen für die Identifizierung bereits die Schilderung der Umstände ausreichend sein kann.

Möglichkeiten zur anonymisierten Beratung bieten insbesondere die Jugendämter sowie die Kinderschutzambulanz am Institut für Rechtsmedizin der LMU München. In der Kinderschutzambulanz ist sowohl eine (anonyme) telefonische oder persönliche Beratung als auch die Vorstellung von Kindern und Jugendlichen möglich (im Einzelnen siehe Ziffern 2.3.5.und 2.3.6.).

4.2.2. Rahmenbedingungen für Gespräche

In Fällen akuter Kindeswohlgefährdung (z. B. bei körperlicher Gewalt oder lebensbedrohender Vernachlässigung) muss vor einem Gespräch der Schutz des Kindes bzw. Jugendlichen vor weiteren Übergriffen oder einer Eskalation sichergestellt sein. Hier besteht oft die Notwendigkeit, das Kind oder den Jugendlichen notfalls auch gegen den Willen der Eltern außerhalb des Familiensystems unterzubringen (z. B. Inobhutnahme und Unterbringung in einer Kinderschutzstelle durch das Jugendamt oder ggf. Einweisung in eine Klinik). Zur notwendigen Einbindung von Jugendamt oder Polizei siehe unten sowie Ziffern 2.3.4. und 2.4.3.

Die Gespräche sollen unter geeigneten Bedingungen stattfinden. Hierzu gehören:
  • Ausreichende Gesprächszeit,
  • ruhige Gesprächsumgebung ohne Unterbrechungen durch Anrufe oder durch das Praxispersonal,
  • Bereithalten von Informationsmaterial über spezielle Beratungsangebote für Kinder, Jugendliche und deren Eltern.

4.2.3. Gespräch mit Eltern bzw. Personensorgeberechtigten

Im Mittelpunkt des Gesprächs steht die Sorge um das Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen. Eine offene und anteilnehmende Gesprächsführung ohne Verurteilung ermöglicht, mit den betroffenen Personen ins Gespräch zu kommen und im Gespräch zu bleiben. Besonders bei Trennungs- und Ehescheidungskonflikten ist es wichtig, eine neutrale und reflektierte Haltung einzunehmen, um nicht durch eine der Konfliktparteien instrumentalisiert zu werden. Ein Aufklärungs- und Konfliktgespräch verlangt Einfühlungsvermögen und klare Standpunkte, unterscheidet sich jedoch nicht prinzipiell von anderen Arzt-Patienten-Gesprächen, die die Übermittlung einer belastenden Diagnose beinhalten. Es sollten ärztlicherseits kurz- und mittelfristige fallbezogene Interventionsziele angesprochen werden.

Das Gespräch sollte mit den Befunden begonnen werden, die auf Vernachlässigung bzw. körperliche, sexuelle oder seelische Gewalt hindeuten. Die Symptomatik des Kindes bzw. Jugendlichen bietet eine Möglichkeit, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen („Ihr Kind macht schon seit einiger Zeit einen sehr ängstlichen Eindruck auf mich. Haben Sie eine Vorstellung, woran es liegen kann?“). Stellt man bei der Untersuchung z. B. fest, dass ein Kind, das wegen Husten vorgestellt wird, mehrere Hämatome aufweist, sollten den Eltern diese Befunde mitgeteilt und über mögliche Ursachen gesprochen werden. Erfolgt keine schlüssige Erklärung, die den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung ausräumt, müssen sie über die Einleitung weiterer erforderlicher Schritte, ggf. die Einschaltung anderer Stellen, informiert werden, sofern der Schutz des Kindes oder Jugendlichen dadurch nicht gefährdet wird.

Im Gespräch mit den Eltern sollte auch auf Anzeichen hinsichtlich einer bei ihnen bestehenden psychischen Störung geachtet bzw. eruiert werden, ob diese sich in psychiatrischer Behandlung befinden. Das Vorliegen psychischer Erkrankungen erhöht das Risiko für Kindesmisshandlung erheblich (siehe auch Ziffer 1.3.).

4.2.4. Gespräche mit Kindern und Jugendlichen

Bei den Gesprächen mit Kindern und Jugendlichen ist es äußerst wichtig, ihnen zu vermitteln, dass sie an dem, was ihnen angetan wurde, keine Schuld haben.

Die wichtigsten Regeln sind dabei:
  • Gespräch in altersadäquater Weise führen.
  • Nachfragen stellen, die eine Einschätzung zulassen, ob die Aussagen der Ärztin bzw. des Arztes verstanden wurden.
  • Keine Suggestivfragen stellen, die die Glaubwürdigkeit des Kindes oder Jugendlichen später gefährden können.
  • Kinder und Jugendliche angemessen beteiligen und Handlungsschritte transparent machen, soweit hierdurch der wirksame Schutz der Kinder oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
  • Bittet ein Kind oder Jugendlicher um Inobhutnahme (Näheres hierzu siehe Ziffer 2.4.3.), so ist unter Nennung des Namens der zuständigen Fachkraft, auf die Zuständigkeit des Jugendamtes zu verweisen und das Jugendamt entsprechend zu informieren.
  • Kinder und Jugendliche sind darauf hinzuweisen, dass sie sich auch ohne Zustimmung oder Kenntnis ihrer Eltern beim Jugendamt oder in der Erziehungsberatungsstelle kostenlos beraten lassen können (Beratungsmöglichkeiten im Internet, insbesondere www.bke-beratung.de).

4.2.5. Einbindung des Jugendamtes

Sowohl bei Fragen zur Stärkung elterlicher Kompetenzen als auch bei Fragen des Vorliegens einer Kindeswohlgefährdung und des richtigen Umgangs damit ist das Jugendamt zentraler Ansprechpartner (siehe im Einzelnen Ziffern 2.3.3., 2.3.4. sowie 2.4.). Das Jugendamt ist kraft Gesetzes die zentrale Stelle, wenn es um Fragen des Kinderschutzes und insbesondere die Klärung des Vorliegens einer Kindeswohlgefährdung sowie die Sicherstellung des Kindeswohls geht. Eine Handlungspflicht zur Einbindung des Jugendamtes besteht, wenn aus ärztlicher Sicht eine solche zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung erforderlich ist. Gewichtige Anhaltspunkte, die für eine Misshandlung sprechen, sind unverzüglich dem Jugendamt mitzuteilen (im Einzelnen siehe Ziffer 2.3.4., vergleiche auch Art. 14 Abs. 6 GDVG).

4.2.6. Helferkonferenzen

Das Jugendamt soll als federführende Stelle möglichst bald, nachdem es über gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung informiert worden ist, eine erste gemeinsame Helferkonferenz zur Beratung eines abgestimmten Vorgehens zum Wohle des Kindes oder Jugendlichen durchführen. An der Helferkonferenz können, mit Einwilligung der Personensorgeberechtigten, grundsätzlich alle Professionen beteiligt werden, die mit der Familie zusammenarbeiten, gearbeitet haben oder mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zukunft zusammenarbeiten werden. Der Kreis soll so klein wie möglich und so groß wie nötig gehalten werden. Sinnvoll ist, die betreuende Ärztin oder den betreuenden Arzt mit einzubeziehen und hierfür rechtzeitig um die Einwilligung der Personensorgeberechtigten zu werben. Die Organisation einer solchen Konferenz soll in der Regel durch die fallverantwortliche sozialpädagogische Fachkraft des Jugendamtes übernommen werden. Dabei sollen insbesondere die Praxiszeiten der kooperierenden Professionen berücksichtigt werden, damit ihnen eine Teilnahme möglich ist. Näheres zum datenschutzrechtlichen Rahmen siehe Ziffer 2.2.3.

4.2.7. Sofortmaßnahmen bei unmittelbar drohender Gefahr für Kinder oder Jugendliche

Bei Gewalt gegen Kinder und Jugendliche durch Eltern bzw. andere Personensorgeberechtigte handelt es sich mitunter um lang anhaltende, aber auch situationsbedingte Prozesse (z. B. bei Alkoholeinfluss, bei aktuellem Schub psychisch erkrankter Eltern), die mit einer hohen physischen und psychischen Gefährdung junger Menschen verbunden sind. Das Jugendamt ist in diesen Fällen zur Sicherstellung des Kindeswohls unverzüglich einzubinden (siehe hierzu insbesondere Ziffer 2.3.4.).

Verhalten in Krisensituationen
Wesentliche Handlungsoptionen in akuten Krisensituationen sind:
  • Krankenhauseinweisung,
  • Kontaktaufnahme mit Jugendamt,
  • Einschaltung der Polizei.

Um besonders in Krisensituationen angemessen zu reagieren, empfiehlt es sich, folgende Eckpunkte zu berücksichtigen und das Verhalten entsprechend auszurichten (im Einzelnen siehe insbesondere Ziffern 2.3.4. sowie 2.4.3.):

  • Bei den in der Arztpraxis vorgestellten Fällen von Kindesmisshandlung ist ein besonnenes Handeln erforderlich.
  • Bei einer unmittelbaren Gefahr für Kinder und Jugendliche ist das Jugendamt, das für die Intervention und die ggf. erforderliche Inobhutnahme zuständig ist, unverzüglich einzubinden. Gegebenenfalls ist zusätzlich die Polizei zur Abwehr drohender Gefahren einzuschalten (insbesondere bei Gefahr für das Leben, Suizidgefahr, Gefahr der unkontrollierbaren Gewalt, Eskalation von Familienkonflikten). Die Polizei wird, sollte dies durch das Jugendamt nicht oder nicht rechtzeitig möglich sein, alle Maßnahmen zur Abwehr weiterer Gefahren treffen und die Erforschung und Verfolgung der Straftat sicherstellen.
  • Bei akuten Misshandlungen mit schweren Verletzungen ist die umgehende Einweisung in eine Klinik angezeigt. Die Klinik ist über die anstehende Einweisung zu informieren. Durch eigene Begleitung bzw. mittels Krankentransport ist sicherzustellen, dass das Kind bzw. der/die Jugendliche dort auch ankommt. Das Jugendamt und die Personensorgeberechtigten sind über die Maßnahme unverzüglich zu informieren. Auch die Einschaltung der Polizei ist in diesem Fall angezeigt.
  • Maßnahmen sind gegenüber den Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern bzw. Personensorgeberechtigten eindeutig zu begründen („Ich muss jetzt das Jugendamt anrufen, weil …“).
  • Bei gewichtigen Anhaltspunkten für sexuelle Gewalt ist besonders sensibel vorzugehen. Ist die Ärztin bzw. der Arzt die einzige Person, der sich der junge Mensch anvertraut hat, ist es besonders wichtig, in der Rolle der Vertrauensperson verlässlich zu bleiben und sich beim Jugendamt Rat und Unterstützung zu holen und die weiteren Schritte transparent mit dem jungen Menschen zu besprechen.

4.2.8. Vorgehensweisen bei Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung

Bei Kindern oder Jugendlichen mit schweren Verletzungen und dem Verdacht auf eine Misshandlung ist die umgehende Einweisung in eine Klinik angezeigt. Die Klinik ist über die anstehende Einweisung zu informieren. Durch eigene Begleitung bzw. mittels Krankentransport ist sicherzustellen, dass das Kind bzw. der/die Jugendliche dort auch ankommt. Die weitere Abklärung des Verdachts liegt im Verantwortungsbereich der Klinik (zum Vorgehen siehe Ziffer 4.3.).

In nicht akuten Fällen sind alle erhobenen Befunde zusammenfassend zu bewerten. Die Diagnose soll den körperlichen und psychischen Befund des Kindes oder Jugendlichen, die familiäre Interaktion und die Familiensituation beschreiben. Es wird festgestellt, ob ein Kind oder Jugendlicher normal entwickelt ist, ob Auffälligkeiten in seiner Entwicklung bestehen und ob diese Auffälligkeiten das Ausmaß von Behandlungsbedürftigkeit erreichen.

Der Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung kann nicht nur aufgrund der Symptome, sondern auf verschiedene Weise entstehen (im Einzelnen hierzu siehe Kapitel 3). Verändertes Verhalten oder sonstige Auffälligkeiten beim Kind oder Jugendlichen sind mit einem weiten Blickwinkel zu betrachten, um nicht zu vorschnellen und möglicherweise falschen Einschätzungen zu kommen. Wenn psychologischer und sozialpädagogischer Sachverstand ergänzend zur ärztlichen Diagnose einbezogen wird, können Auffälligkeiten und verändertes Verhalten besser eingeordnet werden. Zentraler Ansprechpartner ist hier das Jugendamt (siehe Ziffern 2.3.3. und 2.4.1.).

Die Bezeichnungen Verdacht auf „Vernachlässigung, körperliche, seelische oder sexuelle Gewalt“ sollen in der Diagnose nicht an erster Stelle genannt werden. Der Verdacht kann als eine „Zusatzdiagnose“ die Ätiologie der Befunde bzw. die Lebenssituation des Kindes oder Jugendlichen beschreiben.

Informationsaustausch mit anderen Professionen

Häufig ist der (persönliche) Austausch insbesondere mit den Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe (vor allem Jugendamt, evtl. auch Kinderkrippe, Kindergarten, Hort etc.) erforderlich, um weitere Informationen zu erhalten. Dies kann grundsätzlich nur mit Einverständnis der Personensorgeberechtigten erfolgen. Die Frage „Ich erlebe das Kind in der Praxis immer nur in der Einzelsituation mit Ihnen und mir. Ich möchte mich gerne informieren, wie es sich in … verhält. Darf ich mit dem … Kontakt aufnehmen?“ kennzeichnet die ärztliche Empathie und wird in der Regel positiv beantwortet. Die Bitte „Teilen Sie dem … bitte mit, dass Sie mit dem Vorgehen einverstanden sind!“ sichert neben der schriftlichen Schweigepflichtentbindung das erforderliche Einverständnis. Der konkrete Umfang der Schweigepflichtentbindung ist zu benennen. Allgemeine Entbindungen von der Schweigepflicht sind unwirksam (im Einzelnen siehe Ziffer 2.2.3. sowie Musterformular bei Dokumentationshilfen in Kapitel 7).

Aufgaben der Praxis

Die Arztpraxis hat insbesondere folgende Aufgaben (im Einzelnen siehe Ziffer 2.3.):

  • Gesundheitliche Versorgung von Kindern bzw. Jugendlichen und Beobachtung des Gesundheitszustandes,
  • interdisziplinärerer medizinischer Austausch (z. B. mit Kinder- und Jugendpsychiatrie),
  • frühzeitiges Erkennen einer Gefährdung von Kindern bzw. Jugendlichen,
  • psychische Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen beschreiben und benennen,
  • Gespräche mit Kindern bzw. Jugendlichen und Eltern führen,
  • enge Kooperation mit anderen Hilfesystemen, insbesondere den öffentlichen und freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe,
  • Information der Eltern über die Kompetenzen des Jugendamtes, von Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe und anderer Institutionen (insbesondere hinsichtlich spezieller Beratungsangebote),
  • Unterstützung der Kontaktaufnahme zu geeigneten Hilfemöglichkeiten anderer Institutionen durch aktive Vermittlung.

Kinder bzw. Jugendliche mit einer Verdachtsdiagnose auf Misshandlung müssen in kurzen Abständen wieder einbestellt werden. Der neue Termin ist verbindlich zu vereinbaren. Rechtzeitig vor dem Termin wäre es sinnvoll, die Eltern telefonisch daran zu erinnern. Die Einhaltung des Termins ist zu beobachten. Diese Praxis sollte beibehalten werden, bis die Verdachtsdiagnose ausgeräumt werden kann oder sich anderenfalls der Verdacht zu gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung erhärtet (Näheres zur Einbindung des Jugendamtes siehe auch Ziffern 2.3.3. und 2.3.4.).

In der Zeit zwischen den Praxisbesuchen können Ärztinnen und Ärzte:
  • sich anonym hinsichtlich der Einschätzung der Gefährdung vom Jugendamt oder spezialisierten Beratungsstellen beraten lassen,
  • mit Einverständnis der Personensorgeberechtigten (schriftliche Entbindung von der Schweigepflicht) zusätzliche Informationen über das Verhalten des Kindes bzw. Jugendlichen, z. B. in der Kindertageseinrichtung einholen,
  • den Fall gesondert dokumentieren.

4.2.9. Feedback

Die Zusammenarbeit im Einzelfall beruht in hohem Maße auf einem verantwortungsvollen Austausch von Informationen unter Berücksichtigung der bestehenden Datenschutzbestimmungen (siehe hierzu Ziffern 2.2.3. und 2.3.5.). Damit die behandelnden Ärzte im Hilfeprozess einbezogen bleiben können, ist eine Einwilligung der Personensorgeberechtigten zur Information über den weiteren Hilfeverlauf durch das Jugendamt sehr wichtig. Hierfür sollte das Jugendamt nachdrücklich werben.

4.2.10. Anforderungen an die Dokumentation

Die Dokumentation ist in allen Fällen von Gewalt erforderlich (im Einzelnen siehe jeweilige Kapitel – Ziffern 3.1.4., 3.2.4., 3.3.6., 3.4.4.).

Die wichtigsten Regeln sind dabei:
  • Wichtige Angaben des Kindes oder Jugendlichen möglichst wortwörtlich notieren (z. B. „Ich will nicht mehr nach Hause – was kann ich tun?“).
  • Umgang der Begleitpersonen mit dem Kind bzw. Jugendlichen beschreiben (z. B. besorgt, mitfühlend, barsch, manipulierend etc.).
  • Umgang der Begleitpersonen untereinander sowie mit der Ärztin bzw. dem Arzt beschreiben (z. B. kooperativ, aggressiv etc.).
  • Schilderungen und Erklärungen zum Hergang möglichst genau dokumentieren. Aus diesen Aufzeichnungen muss stets hervorgehen, wer welche Angaben gemacht hat.
  • Alle Auffälligkeiten dokumentieren, nicht nur solche, die mit dem Verdacht einer Kindeswohlgefährdung in Verbindung gebracht werden.
  • Eigene Erläuterungen, Hinweise und Aufklärung über weitere Schritte grob festhalten.
  • Einbindung des Jugendamtes, der Polizei etc. sowie getroffene Absprachen mit Datum festhalten (insbesondere subjektive Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung festhalten).
  • Entbindung von der Schweigepflicht schriftlich dokumentieren und von den Personensorgeberechtigten unterschreiben lassen (z. B. Erzieherin gegenüber Arzt unter präziser Angabe, welche Informationen eingeholt und gegeben werden dürfen; im Einzelnen siehe hierzu Ziffer 2.2.3.).